Haushaltslage einer oberbayerischen Gemeinde – Interview mit Jens Zangenfeind, Bürgermeister der Gemeinde Hausham

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Haushaltslage 
einer oberbayerischen 
Gemeinde

Interview mit Jens Zangenfeind, Bürgermeister der Gemeinde Hausham

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Region Bayern – Unlängst wurde in der Öffentlichkeit der »Verwaltungshaushalt der oberbayerischen Gemeinde Hausham« (Landkreis Miesbach) kritisiert. Jens Zangenfeind (FWG), Bürgermeister der Gemeinde Hausham stand nun zu einem Interview bereit.

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Jens Zangenfeind (FWG), Bürgermeister der oberbayerischen Gemeinde Hausham
und FWG-Landratskandidat für den Landkreis Miesbach

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Alpenrand-Magazin:
Herr Zangenfeind, schon immer wurde über die Finanzlagen von Bund, Ländern und Kommunen diskutiert. In letzter Zeit jedoch wurde auch besonders intensiv über die Finanzen der Gemeinde Hausham gesprochen, bis hin zur »Pleite der Gemeinde Hausham« war die Rede. Wie und warum konnte dieses Thema so hochkochen?

Jens Zangenfeind:
Das ist mir auch unbegreiflich. Die Haushaltspläne wurden in der Vergangenheit immer nach intensiven Vorbereitungsarbeiten durch den damaligen Kämmerer, Martin Reisberger, in den Gemeinderat eingebracht und dieser hat die entsprechenden Haushaltsentwürfe immer einstimmig beschlossen. Natürlich war nie zuviel Geld da, es musste immer abgewägt werden, wo und wie es ausgegeben wird und Diskussionen darüber sind ja auch legitim. Wir haben viel Geld investiert, gut in die Zukunft von Hausham angelegt, natürlich mussten da auch Schulden gemacht werden. Aber wir legten mit unseren Planungen immer eine Punktlandung – nach den Vorgaben – hin, und zwar gemäß den beschlossenen Haushalten. Jeder kannte die Zahlen. Wahrscheinlich, so denke ich, spielte diesmal ein bißchen »Wahlkampf« mit, aber oberflächliche Aussagen ohne erkennbaren Sinn, die keinen Nutzen haben, passen nicht zu unserem Gremium. Dazu hat auch eine mißverständliche Berichterstattung beigetragen, was bei den Bürgern zu Verwirrungen geführt hat.

Alpenrand-Magazin:
Wie sieht es denn nun mit dem Haushalt der Gemeinde Hausham aus?

Jens Zangenfeind:
Tatsache ist, dass wir dieses Jahr einen Haushalt ohne Neuverschuldung hinbekommen haben, einstimmig abgesegnet, dass muss auch mal gesagt werden. Vorallem haben wir seit Ende 2024 knapp eine Million Euro Schulden abgebaut. Ich habe keine Weltuntergangsstimmung, möchte auch die Situation nicht schön reden, jedoch: Wir sind weit weg von »Haushaltssperren« oder »Defizitpanik«.

Alpenrand-Magazin:
Läßt sich das thematisierte Defizit erklären?

Jens Zangenfeind:
Ja, da kommen mehrere Faktoren zusammen: Die Kommunen haben zu viele staatliche Aufgaben, die erfüllt werden müssen und dafür zu wenig Mittel bekommen, wie beispielsweise für die Kinderbetreuung. Dies ist eine wichtige Investition, da sind wir uns alle einig, nur die Kostendeckungsgrade liegen lediglich zwischen 50 bis 60 Prozent. Wie soll das eine Gemeinde – mit den ganzen Kostensteigerungen und Tariferhöhungen, mit den Baukosten für Kindergärten und für die Ganztagesbetreuung der Grundschulkinder schaffen? Aber: Wir werden wieder bauen müssen. Natürlich werden wir Fördergelder bekommen, jedoch decken diese nicht die Gesamtkosten ab und von beispielsweise 80 Prozent Fördermitteln bleiben der Gemeinde noch 20 Prozent Eigenanteil, die sie dann auch aufbringen muss. Hinzu kommen noch die Mehrkosten, ob bei den Baukosten oder den Personalkosten – nicht zu vergessen ist die Erhöhung der Kreisumlage – das summiert sich. Doch trotz aller Kostensteigerungen und Mehrkosten haben wir in Hausham einen soliden Haushalt ohne Neuverschuldung aufgestellt.

Alpenrand-Magazin:
Also kein Grund zur Panik?

Jens Zangenfeind:
Nein, aber Grund zur Achtsamkeit und vorausschauendem wirtschaften. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist die abgesagte Erweiterung des Kindergartens »Regenbogen«, was mit 3,5 Millionen Euro veranschlagt wurde. Das ist viel Geld. Daher sahen wir uns nach anderen Möglichkeiten um. Im Kindergarten »Sonnenschein« war für deutlich weniger Investitionskosten eine Erweiterung möglich und die dadurch geschaffenen Plätze erfüllten den Bedarf. Deshalb wurde die Erweiterung im Kindergarten »Regenbogen« nicht durchgeführt. Bei anderen Bauprojekten stehen die Fördermittel noch nicht konkret fest, also warten wir auf die endgültigen Bescheide und erarbeiten dann einen Finanzplan, der Hand und Fuß hat – was wir machen, wollen wir richtig machen!

Alpenrand-Magazin:
Können Sie uns zum Thema »Schulden« der Gemeinde Hausham etwas sagen?

Jens Zangenfeind:
Diese belaufen sich aktuell auf etwa 21 Millionen Euro, da wir in den Jahren 2014 bis 2025 etwa 10 Millionen Euro Schulden aufgebaut haben. Hört sich nach viel Geld an, ist auch sehr viel Geld. Jedoch haben wir damit erheblich in unsere Gemeinde und in unsere Zukunft investiert, ob nun in ein Einheimischen-Projekt mit 35 Parzellen oder in bezahlbaren Wohnraum am alten Rathausgrundstück mit 30 Wohnungen. Wir haben das Gesundheitszentrum am Bahnhof geschaffen oder die Grund- und Mittelschule sowie das Gewerkschaftshaus mit Saal saniert. Wir haben in die Infrastruktur investiert, zum Beispiel in den Bau des Kreisverkehrs in Agatharied oder in die dringende Sanierung von Straßen. Wir hatten Teilinvestitionen bei der Verlegung des Bahnübergangs in der Ortsmitte zu tätigen. Der Bahnhofsvorplatz wurde neu gestaltet und das Gewerbegebiet in Agatharied bedarf einer Neustrukturierung. Ferner waren erhebliche Maßnahmen in das Wasser- und Abwassernetz erforderlich. Ausserdem haben wir zwei Tagespflegeeinrichtungen für die Betreuung von 20 Kindern geschaffen und den Kindergarten »Sonnenschein« erweitert. Desweiteren haben wir ein bestehendes Gebäude zu einem barrierefreien Rathaus umgebaut und die heruntergekommenen Sport- und Tennisanlagen saniert oder neu gebaut. Die Gemeinde hat natürlich Fördermittel, und zwar um die 65 Millionen erhalten, sonst wäre nichts möglich gewesen. Jedoch mussten immer anteilige Kosten finanziert, das heisst selber erwirtschaftet werden. Wir haben also nicht nur viel Geld ausgegeben, sondern konkrete Gegenwerte geschaffen, die auch in der Zukunft für die Bürgerinnen und Bürger wichtig sein werden. Dabei muss betont werden, dass sich manche Investitionen refinanzieren, wie etwa über die Wasser- und Kanalgebühren.

Alpenrand-Magazin:
Diese Haushaltsdefizite betreffen aber nicht nur die Gemeinden. Sie haben als Bürgermeister und stellvertretender Landrat des Landkreises Miesbach sicherlich Einblicke in den Ausgaben- und Investitionshaushalt des Landkreises Miesbach.

Jens Zangenfeind:
Ja, die Landkreise werden von der Bundesregierung, ebenso wie die Kommunen, mit immer mehr Aufgaben betraut, wobei die dabei anfallenden Kosten nicht oder nur teilweise erstattet werden. So liegen beispielsweise beim Landkreis Miesbach die jährlichen Kosten für »staatliche Aufgaben«, die nicht erstattet werden, bei einer Größenordnung von gleich mehreren Millionen Euro. Doch konnte der Landkreis trotzdem beispielsweise in unsere Schulen investieren, das heisst, sie wurden saniert und modernisiert, teilweise auch erweitert, was ja wiederum für unsere Kinder wichtig ist. Aber irgendwann stoßen wir, ob nun Gemeinde oder Landkreis, an unsere finanziellen Grenzen, das ist klar. Wir brauchen, wenigstens für die Pflichtaufgaben, eine finanzielle Absicherung vom Staat und verlässliche Fördermittelvergaben.

Alpenrand-Magazin:
Wie wird die Gemeinde Hausham weiter agieren?

Jens Zangenfeind:
Alle Investitionen, die wir geplant und im Haushalt aufgeführt haben, wie die öffentliche Toiletten-Anlage am Volksfestplatz, werden wir umsetzen. Lediglich für große Zusatzprojekte haben wir keinen riesen Spielraum. Wir arbeiten an der Beantragung von Fördermitteln und werden dem Gemeinderat ein Konzept mit einem ausgezeichneten Finanzierungsplan vorlegen, welcher womöglich unter den veranschlagten Kosten im Haushaltsplan liegt. Wir achten bei jedem Projekt darauf, die Kosten im annehmbaren Bereich zu halten, denn auch wenn man von 100 Prozent Gesamtkosten angenommene 80 Prozent an Fördermitteln bekommen könnte, bleiben immer noch restliche 20 Prozent, welche zu finanzieren sind. Es gibt aber derzeit keinen Bereich, wo ich sagen würde, diesen können wir wegen fehlender Mittel nicht durchführen.

Alpenrand-Magazin:
Es wurden auch mal »Budgetkürzungen« oder sogar »Gebühren- und Steuererhöhungen« thematisiert. Ist etwas in diese Richtungen geplant?

Jens Zangenfeind:
Nein, es wird weder »Budgetkürzungen« noch irgendwelche Erhöhungen von Gebühren, Abgaben oder Steuern bei uns geben. Lediglich die Kindergartengebühren und Mensagebühren wurden kürzlich angepaßt, das war aber ein struktureller Vorgang, das hatte nichts mit dem Haushalt zu tun. Wir versuchen besser unsere Wirtschaft zu fördern, was wiederum vermehrt Gewerbesteuereinnahmen einbringen kann, damit können wir arbeiten. Ausserdem können wir unsere Vereine, dank den Geldern einer Stiftung, sehr aktiv unterstützen, was wir in Zukunft weitermachen werden – ohne den Gemeindehaushalt heranzuziehen!

Alpenrand-Magazin:
Bitte benennen Sie die Zukunftsaussichten.

Jens Zangenfeind:
Der Haushamer Gemeinderat und ich werden weiterhin auf jeden Euro achten, werden jede Ausgabe prüfen, die Personaldecke dem Bedarf anpassen und die Entwicklung und Gestaltung der Gemeinde nach Kräften und Ergiebigkeit der Fördermittel fortführen.

-am- Bild: am

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