25 Jahre Waitzinger Keller in Miesbach

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25 Jahre
Waitzinger Keller
in Miesbach

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Region Miesbach – Im September 2022 feiert der Waitzinger Keller sein 25-jähriges Bestehen als modernes Kulturzentrum. Unvergessen ist dabei die Leistung von Susanna Waitzinger (1810-1880), die als tüchtige Geschäftsfrau die Zeichen der damaligen Zeit erkannt hatte und zur Bewirtung von Gästen und Einheimischen eine „Kellerhalle“ errichten ließ, die 1877 eröffnet wurde. Die Geschäfte liefen so gut, dass sich die Brauerei zu einem Saalaufbau entschloss, der 1906 feierlich eingeweiht und jahrzehntelang ein beliebter Anziehungspunkt wurde. Leider musste das Gebäude in den 1970er Jahren wegen Baufälligkeit geschlossen werden. Nach langen und zähen Verhandlungen erwarb die Stadt Miesbach schließlich das Gebäude und später auch die Volksfestwiese. Zwischen 1994 und 1997 erfolgten umfangreiche Sanierungsmaßnahmen des Baudenkmals. Die feierliche Wiedereröffnung fand im September 1997 statt. Damals wie heute ist der herrliche Jugendstilsaal „großes Kino“. Die wunderschönen, einst vom Glasermeister Andrä Egger geschaffenen Glasfenster, verbreiten genau wie die weißen Säulen mit dem zarten Blattgold eine besondere Noblesse.

Das kulturelle Leben im Waitzinger Keller heute
Die Nutzung des Hauses steht seit 25 Jahren auf stabilen Beinen. Da ist die Volkshochschule Oberland e.V., die zu den Mietern der ersten Stunde gehört und das Freie Landestheater Bayern, das seinen Stammsitz im Waitzinger Keller hat und hier alle Premieren gibt. Und da ist das „Kulturamt der Stadt Miesbach“, das neben dem Management für den Veranstaltungsbetrieb im Waitzinger Keller auch für die zertifizierte Touristinformation zuständig ist; das kommunale Kulturamt; das Stadtarchiv und das Heimatmuseum. Eine nicht zu unterschätzende Schaffenskraft, die das Team unter der Leitung von Isabella Krobisch schon oft unter Beweis gestellt hat. Erinnert sei unter anderem an die Großereignisse „Oberbayerische Kulturtage und Jugendkulturtage des Bezirks Oberbayern (2003),
„900 Jahre Ersterwähnung Miesbachs“ (2014) und „100 Jahre Stadterhebung Miesbachs“ (2018).

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Interview
mit Isabella Krobisch, Leitung Kulturamt und Tourismusförderung
sowie Amelie Knaus, Verwaltungsmanagement und PR
und Simone Pfab, Veranstaltungswesen, Kartenverkauf und Tourist-Info:

Der Waitzinger Keller ist das kulturelle Herz der Stadt Miesbach. Wie haben Sie seine Entwicklung erlebt, seit Sie dort arbeiten?
Isabella Krobisch: Seit 1979 bin ich bei der Stadt Miesbach tätig und habe im Rathaus bereits die politischen Weichenstellungen miterlebt, natürlich den Umbau und dann die Wiedereröffnung. 1997 ist das Kulturamt in den Waitzinger Keller umgezogen und seitdem bin ich im Haus. Die Anfänge waren sehr schwierig. Erst der zweite Stadthallenleiter Martin Fischhaber hat es vermocht, das Haus richtig auf Kurs zu bringen. Viele Jahre war vom „Millionengrab“ die Rede. Aber schließlich konnte sich der Waitzinger Keller etablieren, Einnahmen generieren und Besucher aus nah und fern gewinnen. Das war harte Arbeit eines unermüdlichen Teams. Am Anfang hatten wir mehr Stammbesucher, die bei jeder Veranstaltung da waren. Heute kommt es darauf an, welche Veranstaltung stattfindet oder welcher Künstler auftritt.

Was umfaßt das „Kulturzentrum Waitzinger Keller“ als Aufgabengebiet noch alles?
Isabella Krobisch: Wir sind ein Querschnittamt, „das Amt 6“ – Kulturamt und Tourismusförderung der Stadt Miesbach – das heisst, neben dem Management des Waitzinger Kellers gehören zu uns auch Stadtarchiv und Heimatmuseum und das kommunale Kulturamt. In diesem Kontext organisieren wir auch städtische Festivitäten – wie die Jubiläumsveranstaltungen zur Ersterwähnung Miesbach, zu 100 Jahre Stadterhebung oder Ehrungen. Des weiteren sind wir eine zertifizierte Touristinformation. Da alle Stellen unter einem Amt vereint sind, sind wir, dank kurzer Wege und entsprechender Kommunikation, äußerst effizient.

Sind eventuell Pannen und Pleiten vor oder während Veranstaltungen geschehen?
Isabella Krobisch: Ja, zwei Dinge sind mir noch gut im Gedächtnis. Das erste war eine Lesung von zwei Krimiautoren. Der Saal war ausverkauft und die Veranstaltung sollte um 20 Uhr beginnen. Kurz vor Beginn erhielten wir die Nachricht, dass einer der Autoren im Stau steht. Der andere wollte alleine nicht auf die Bühne gehen. Wir sagten ihm aber, dass ihm nichts übrig bliebe, als alleine aufzutreten, da der Saal voll wäre und die Leute etwas erwarteten. Zum Glück gab er sich einen Ruck und er setzte sich dann doch alleine auf die Bühne und sprach über das Autorendasein. Das war hart, denn er mußte satte 40 Minuten überbrücken, bis sein Mitautor endlich eintraf. Das war solch ein gravierendes Erlebnis für die beiden, dass sie nicht mehr zu uns nach Miesbach kommen möchten. Ich habe kürzlich wieder mal angefragt.

Die zweite Panne erlebten wir bei einem Kindertheatergastspiel, das am Vormittag für Schulen stattfinden sollte. Die Busse mit den Kindern waren schon eingetroffen, bloß das Theater, das sich auf Deutschlandtournee befand, war noch nicht da. Mühselig haben wir das Hotel, wo die Theaterleute übernachtet hatten, ermittelt und haben kurz vor Veranstaltungsbeginn Kontakt aufgenommen. Da hat sich dann herausgestellt, dass die Disponentin wegen einer schweren Erkrankung den Termin vom Vormittag nicht mehr weitergeben konnte. Als das geklärt war, ist das Theaterensemble quasi im Doppeltempo nach Miesbach gefahren und hat in einer unwahrscheinlichen Aktion das Bühnenbild aufgebaut. Schließlich konnte, mit lediglich zehn Minuten Verspätung, die Vorstellung beginnen. Das war eine dramatische Sache.

Im Waitzinger Keller sind ja oft Künstler zu Gast. Gab es Begebenheiten bezüglich Promiallüren?
Isabella Krobisch: Bei Erfahrungen mit Promiallüren muss ich passen, denn die Künstler, welche bei uns auftraten, waren allesamt sehr professionell und sehr nett. Sie reisten pünktlich an, probten wenn nötig oder machten ihren Soundcheck – da gibt es klare Bühnenanweisungen, und alle wissen, was sie zu tun haben. Aufregungen gab es, wenn überhaupt, eher mit Nachwuchskünstlern, die oft sehr aufgeregt sind, aber unsere Techniker strahlen immer sehr viel Ruhe aus und nehmen ihnen dann das Lampenfieber. Der weltberühmte Giora Feidman ist mir noch so wunderbar im Gedächtnis, ihm hat es bei uns so gut gefallen, dass er sogar in der Pause mit seiner Klarinette durchs Haus gegangen ist und gespielt hat. Das war für das Publikum und für uns ein schönes Erlebnis.

Wie läuft es im Vorfeld ab, bis ein Programm steht, wer sucht beispielsweise Künstler oder Veranstaltungen aus?
Isabella Krobisch: Unser Programm setzt sich aus eigenen Ideen und Wünschen oder auch Anregungen von ausserhalb, welche Künstler oder Gruppen sehenswert sind, zusammen. Bei manchen Künstlern muss man sich frühzeitig mit den Agenturen absprechen, manche Agenturen bieten auch Tourneetermine an. Überdies spricht es sich in der Branche schon herum, wo man gut auftreten kann. Das fängt bei der technischen Ausstattung an, denn manche Künstler sind da sehr anspruchsvoll. Allgemein gesagt, wir bekommen von mehreren Seiten unsere Künstler. Vor allem ist uns – wir arbeiten ja im Team – ein abwechslungsreiches und anspruchsvolles Programm sehr wichtig. Ich mag beispielsweise Abenteuervorträge, andere lieben Musikveranstaltungen oder finden Theateraufführungen toll. Natürlich gehören auch hochkarätige Lesungen und Veranstaltungen, besonders wenn historisch wichtige Ereignisse anstehen, mit ins Repertoire. Man braucht auch einen gewissen Weitblick, denn manche Künstler oder Gruppen muss man ein halbes oder ein Jahr im Voraus buchen. Neben der Kultur finden auch viele Auftragsveranstaltungen wie Tagungen, Betriebsfeiern oder auch mal die Hegeschau statt. Natürlich dürfen die an Jahreszeiten angepaßten Veranstaltungen, wie zu Weihnachten, nicht fehlen. Das alles muss auch von der Logistik her unter einen Hut gebracht werden, da nicht jeden Tag eine andere Bestuhlung eingerichtet werden kann, das wäre dann zu personalaufwendig.

Gibt es Themenschwerpunkte?
Isabella Krobisch: Für mich persönlich ist ein Themenschwerpunkt die Bildende Kunst – wie die Kunstgalerie im Foyer Ost, Fotoausstellungen oder die Ausstellung der Waitzinger Freunde, die ein Stück Heimat repräsentiert.

Das Kulturzentrum Waitzinger Keller möchte seinem Bildungsauftrag gerecht werden. Was tun Sie für die kulturelle Bildung von Kindern?
Isabella Krobisch: Wir bieten gemeinsam mit dem Freien Landestheater Bayern „Klassik für Schüler“ an; regelmäßig sind u.a. Franz-Josef Braun und Stefan Zinner mit ihren „Bayerischen Märchen“ zu Gast sowie das Foolstheater und das Theater Concept mit ihren aktuellen Stück. Das Kulturamt kooperiert mit der Kulturpädagogin Barbara Gerbl und hat große Projekte mit ihr in den Schulen wie die Pionierwerkstatt, die Friedensbilder oder die Beuys-Eiche verwirklicht.
Es finden aber auch Kinderfasching und Integrationsfasching statt und natürlich das Sommerferienprogramm. Eine neue Zusammenarbeit haben wir mit dem Kindertanztheater „Nils Holgersson“ begründet und sind darüber hinaus für Kooperationen immer offen.

Fördern Sie unbekannte Künstler oder Gruppen mit welchen Voraussetzungen?
Isabella Krobisch: Der Stadtrat Miesbach hat neuerdings einen Kulturfond beschlossen der überwiegend Miesbacher Künstler fördern soll. Daher können wir unter anderem das Newcomer Festival mit „jungen“ Bands veranstalten. Weitere Auftritte in neuen Konstellationen sollen folgen.

Können Sie im Kulturzentrum Waitzinger Keller den Gedanken bezüglich Natur- und Umweltschutz unterstützen und umsetzen?
Isabella Krobisch: Um nur einige Beispiele zu nennen: Unsere Gastronomie arbeitet überwiegend mit regionalen Produkten, das schließt auch das Künstlercatering mit ein. Wir versuchen außerdem, Künstler aus der Region zu engagieren oder mit den Agenturen Tourenpläne zu erarbeiten, mit denen Ressourcen gespart werden können. Wir gehören diversen Arbeitsgruppen in Kultur und Tourismus an, um hier weitere Akzente zu setzen, denn das Thema ist aktueller denn je.

Wie erlebt die jüngere Generation die Arbeit in einem Veranstaltungszentrum mit kulturell anspruchsvollem Programm?
Simone Pfab: Ich bin jetzt seit 15 Jahren im Waitzinger Keller und finde besonders die Nähe zu den Künstlern faszinierend. Mit der Zeit wird die Zusammenarbeit vertrauensvoller und routinierter, da man lernt, was die Künstler brauchen. Auch im kulturellen Bereich habe ich viel gelernt. Besonders die grafische Arbeit, aber auch die zunehmende Verantwortung, tragen dazu bei, dass ich gerne hier arbeite.

Amelie Knaus: Ich bin seit rund fünf Monaten hier beschäftigt und komme aus einem großen Veranstaltungszentrum nahe München. Der Waitzinger Keller überzeugt mit seiner Flexibilität bezüglich der Nutzung der Räume für Veranstaltungen und deren Verwendungsmöglichkeiten ist fast unbegrenzt. Auch die Strahlkraft des Waitzinger Kellers als Kulturzentrum und die Wertstellung in der Bevölkerung sind einfach toll und er genießt als Veranstaltungszentrum im Landkreis Miesbach ein Alleinstellungsmerkmal. Die Zusammenarbeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Team und die gegenseitige Vertretung macht Spaß. Meine Arbeit ist umfangreicher, da auch das Programm verschiedene Genres und daher mehr Wandelbarkeit beinhaltet und die vielen jungen Künstler bringen frischen Wind herein. Das ist einfach schön.

Isabella Krobisch: Wir sind alle Allrounder, irgendwer kann immer genau das, was gerade gebraucht wird. Wir sind zwar ein kleines Team, aber jeder hat Fähigkeiten, die er gezielt einsetzen kann. Wir tauschen uns ständig aus, die Transparenz ist bei uns wichtig, denn jeder muss den anderen, zum Beispiel bei Krankheit, ersetzen können.

Wohin geht die kulturelle Reise des Kulturzentrums Waitzinger Keller?
Isabella Krobisch: Ich möchte dem Haus keinen bestimmten Stempel aufdrücken und möchte für alles offen bleiben. Mittlerweile habe ich jedoch ein untrügliches Gespür entwickelt, was hier läuft oder nicht. Zuweilen kommen Leute, die unbedingt eine Veranstaltung machen möchten und ich bin mir sicher, dass das bei uns nicht ankommt. Das ist natürlich schade und da muss man im Vorfeld ein offenes Wort sprechen, denn es bringt nichts, wenn niemand im Saal sitzt – weder für den Künstler noch für uns. Aber wir haben bestimmte Partner als Garanten für gute Kultur und feste Agenturen, mit denen wir zusammenarbeiten. Wir nehmen gerne auch immer wieder Vorführungen ins Programm auf, die schon mal da waren und achten auf eine ausgewogene Mischung.

Wie schafft es das Kulturzentrum Waitzinger Keller, am sogenannten „Puls der Zeit“ zu sein? Muss es denn überhaupt „mit der Zeit“ gehen?
Isabella Krobisch: Das schöne ist, dass es im Landkreis Miesbach so viele und hochkarätige Künstler gibt, dass wir nicht gezwungen sind, unsere Künstler unbedingt von weit her zu holen. Ausserdem betreiben wir Marktbeobachtung, lesen Zeitungen, informieren uns im Netz und gehen selber auch in Veranstaltungen. Wir sind allen Formaten gegenüber aufgeschlossen, solange ich das Gefühl habe, es wird von unserem Publikum angenommen und es paßt in und zu unserem Haus. Da kann sehr viel Geld verbrannt werden, wenns nicht funktioniert. Wir streben gute Unterhaltung an, wobei tiefgründiges, wie zum Beispiel die Lesung mit Texten von Max Mannheimer, nicht fehlen darf – das zieht zwar keine Massen an, aber das ist für mich ein klarer Bildungsauftrag. Auch wenn man oft an den Besucherzahlen gemessen wird, der Kommerz darf nicht im Vordergrund stehen. Wir wollen vielmehr kleine feine Akzente setzen.

Werden Sie das Energiesparkonzept der Bundesregierung umsetzen?
Isabella Krobisch: Das ist für uns als kommunale Einrichtung verpflichtend und in Absprache mit der Stadtverwaltung werden für die entsprechenden Vorgaben umsetzen.

.Die Interviewteilnehmerinnen v.l.:
Amelie Knaus, Verwaltungsmanagement und PR,
Isabella Krobisch, Leitung Kulturamt und Tourismusförderung
sowie 
Simone Pfab, Veranstaltungswesen, Kartenverkauf und Tourist-Info

-am- Bilder: am

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