Modernisierungsgesetze zum Thema Entbürokratisierung und Beschleunigung 2024

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Modernisierungsgesetze
zum Thema Entbürokratisierung
und Beschleunigung

2024

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Region Bayern – In seiner Regierungserklärung vom 13. Juni 2024 hat Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder die Eckpunkte für den Abbau unnötiger bürokratischer Hemmnisse und für die Beschleunigung privater und staatlicher Initiativen angekündigt. Bereits am 25. Juni 2024 hat der Bayerische Ministerrat zentrale Vorhaben dazu auf den Weg gebracht. Das Ziel sei: Neuer Schwung und weniger Bürokratie, stattdessen Verantwortung und Vertrauen. Mit einer Reihe von Modernisierungsgesetzen werde das Landesrecht durchforstet und bürokratische Hindernisse sollen abgebaut werden.

Die Einzelmaßnahmen in verschiedenen Schwerpunktbereichen:
Bauordnungsrecht:
Eine ganze Reihe von Tatbeständen werde erweitert, um Bauvorhaben jeweils bis zu bestimmten, deutlich großzügiger als bisher ausgestalteten Größenklassen verfahrensfrei zu stellen. Dies betrifft unter anderem den Dachgeschossausbau: Örtliche Bauvorschriften sollen einem Dachgeschossausbau künftig nicht entgegengehalten werden können. Unabhängig von der Verfahrensfreiheit zu beachten bleiben aber die materiell bauplanungsrechtlichen Vorschriften – beispielsweise die Geschossflächenzahl – auf die Bayern mangels Gesetzgebungskompetenz des Landes nicht landesgesetzlich zugreifen kann; Terrassenüberdachungen: Generell – bisher nur bis drei Meter Tiefe; Alle privilegierten Solarenergieanlagen und Sonnenkollektoren (neu); Versorgungseinheiten zu Masten und Antennen: bis 30 Kubikmeter (bisher zehn Kubikmeter); Sämtliche Biomasselager für den Betrieb von Biogasanlagen (neu – relevant für die Landwirtschaft und erneuerbare Energien); Schwimmbecken: Generell – bisher nur bis 100 Kubikmeter; Werbeanlagen am Ort der Leistungserbringung – bisher nur bis ein Quadratmeter Ansichtsfläche – sowie in bestimmten Gebieten, bisher nur bei Bebauungsplan; Geldautomaten (neu); Zelte, Bühnen, Tribünen insb. bei Volks- und Vereinsfesten, soweit sie keine fliegenden Bauten sind (neu); Nicht überdachte Stellplätze sowie sonstige Lager- und Abstellplätze: Generell (bisher 300 Quadratmeter); Kinderspielplätze: Generell (neu); Freischankflächen bis 100 Quadratmeter (bisher 40 Quadratmeter); Fahrradabstellanlagen außerhalb von Gebäuden: Generell (bisher nur bis 50 Quadratmeter); Ladestationen für Elektrofahrzeuge einschließlich technischer Nebenanlagen: Generell (bisher nur bis 2,5 Meter Höhe und ein Meter Breite); Zapfsäulen und Tankautomaten genehmigter Tankstellen; Grabdenkmale auf Friedhöfen: Generell (bisher gestaltungsabhängig); Instandsetzungsarbeiten (neu); Kleinwindkraftanlagen bis 15 Meter (bisher Zehn Meter). Allgemein werden alle Nutzungsänderungen als verfahrensfreie Bauvorhaben definiert, wenn die neue Nutzung nach den Vorschriften der Baunutzungsverordnung im jeweiligen Plangebiet, also Wohngebiet, Mischgebiet, Gewerbegebiet etc., allgemein zulässig ist. In einem „reinen Wohngebiet“ etwa können dann Wohngebäude als Anlagen zur Kinderbetreuung umgenutzt werden und umgekehrt. Sonderbauten (das sind Bauten, an die verschärfte Anforderungen gestellt werden): Aus dem Katalog der Sonderbauten herausgenommen werden Verkaufsstätten bis 2.000 Quadratmeter (bisher nur bis 800 Quadratmeter).

Herausgenommen werden außerdem Camping- und Wochenendplätze. Auch bei Gaststätten und Beherbergungsbetrieben steuere man nach. Gaststätten sollen statt wie bisher bei mehr als 40 Gastplätzen erst bei mehr als 60 oder – wenn sie erdgeschossig sind – erst bei mehr als 100 Gastplätzen Sonderbauten sein, Beherbergungsbetriebe statt wie bisher bei mehr als zwölf Betten künftig erst bei mehr als 30.

Aufstockung von Gebäuden zur Schaffung von Wohnraum: Bei einer Aufstockung um ein Geschoss sollen künftig für bestehende Bauteile die Anforderungen der höheren Gebäudeklasse nicht anzuwenden sein; Typengenehmigungen für serielles bzw. modulares Bauen von Anlagen, die mehrfach in derselben Ausführung errichtet werden sollen: Solche Typengenehmigungen werden künftig unbefristet erteilt, statt bislang für die Dauer von fünf Jahren. Außerdem wird festgelegt, dass auf typengenehmigte Gebäude sogenannte „Ortsgestaltungssatzungen“ keine Anwendung finden.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Anlage eines Kinderspielplatzes bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als drei Wohnungen wird gestrichen und stattdessen in die eigene Entscheidung der Kommunen gestellt. Stellplatzpflicht für Fahrzeuge: Künftig soll das Landesrecht hier zugunsten kommunaler Entscheidung zurückgenommen werden. Dazu wird das Landesrecht das „ob“ einer Stellplatzpflicht anders als bisher gar nicht mehr selbst regeln, sondern es den jeweiligen Kommunen überlassen, eine Stellplatzpflicht durch Satzung zu begründen oder darauf zu verzichten. Lediglich wenn sich die Kommune für eine Stellplatzpflicht entscheidet, dann würde die staatliche Regelung in einem zweiten Schritt das „wie“ regeln, und zwar dahingehend, dass die Kommune nicht beliebig viele, sondern höchstens so viele Stellplätze vorschreiben darf wie staatlich geregelt. Die Kommunen sollen von der staatlich vorgesehenen Zahl an Stellplätzen zwar nach unten, nicht aber nach oben abweichen können.

Gemeindliche „Grüngestaltungssatzungen“ soll es künftig nicht mehr geben. Es ist nun Sache des Eigentümers, wie er seinen Garten gestaltet und wo er welchen Baum oder Strauch pflanzt, nicht Sache des Gemeinderats. Nicht dachparallel installierte Solaranlagen müssen bisher 1,25 Meter Abstand von anderen Gebäudeteilen halten, damit Feuer nicht auf diese oder Nachbargrundstücke übertragen werden kann. Dieser Mindestabstand wird nun auf 0,50 Meter verkürzt.

Für die Urlaubsansparung ist künftig kein Antrag und keine Genehmigung mehr erforderlich – sie erfolgt automatisch in dem bisher möglichen Umfang. Vereinfacht wird bei Personalakten die Datenverarbeitung durch einen Auftragsverarbeiter. Den sogenannten Verpflichtungserklärungen muss keine große Schulung nach dem Verpflichtungsgesetz mehr vorausgehen.

Eckpunkte im Vergaberecht:
Das Vergaberecht, also die Regeln und Vorschriften, die das Verfahren für die öffentliche Hand beim Einkauf von Gütern und Leistungen vorschreiben, gilt als einer der größten bürokratischen Hemmschuhe im Wirtschaftsverkehr. Es soll nun eine umfangreiche Liberalisierung des Vergaberechts auf Landesebene erfolgen. Oberhalb der EU-Schwellenwerte zwingt Europarecht dazu, Verträge öffentlich nach bestimmten Maßgaben auszuschreiben. Unterhalb der EU-Schwellenwerte kann und werde angesetzt werden. Das soll gerade beim Bauen für erhebliche Beschleunigung sorgen.

Künftig sollen in Bayern deutlich erhöhte Wertgrenzen gelten, die insbesondere im Baubereich eine Verzehnfachung der bisherigen Werte darstellen. Stufe 1: Direktauftrag bis 250.000 Euro für Bauleistungen bzw. bis 100.000 Euro für alle sonstigen Leistungen (bisherige Grenze bei Direktaufträgen: 25.000 Euro). Stufe 2: Erleichterte Vergabe bis 1 Million Euro für Bauleistungen bzw. bis zum jeweiligen EU-Schwellenwert, also meist 221.000 Euro, für alle sonstigen Leistungen.

Die neuen, liberaleren Regelungen sollen neben dem Freistaat Bayern auch für juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Staats unterstehen, sowie Kommunen gelten. Die Umsetzung bedarf einer gesetzlichen Regelung, welche in Arbeit ist. Ein Inkrafttreten erfolgt voraussichtlich zum 1. Januar 2025.

Aufhebung von zehn Prozent der Verwaltungsvorschriften, Moratorium:
Freiräume könne nur eine Verwaltung schaffen, die selbst Freiraum habe. Verwaltungsvorschriften seien zwar oft ein notwendiger Bestandteil einer funktionierenden Staatsverwaltung. Sie können aber auch den Spielraum für Entscheidungen vor Ort einschränken. Daher erfolge nun mit dem Abbau von Verwaltungsvorschriften (VwV) ein zentrales Element der Deregulierungs- und Entbürokratisierungsoffensive. Ziele des Koalitionsvertrags seien u.a. der Abbau von zehn Prozent aller VwV, ein zweijähriges Moratorium sowie eine Beschränkung der Geltungsdauer auf maximal fünf Jahre.

Der Abbau von mindestens zehn Prozent aller VwV ist bis 31.12.2024 geplant. In der Summe bedeute das die ersatzlose Aufhebung von mindestens 344 Vorschriften des aktuellen Bestands. Die Streichungen sollen von jedem Ressort grundsätzlich eigenverantwortlich vorgenommen werden. Jedes bayerische Ministerium soll ferner seine ministeriellen Schreiben, Merkblätter und Auslegungshilfen auf ein notwendiges Maß zurückfahren.

Zweijähriges Moratorium: Bis zum 31.12.2024 sollen keine neuen VwV erfolgen, die nicht absolut unabdingbar sind. Neue VwV sollen regelmäßig auf maximal fünf Jahre befristet sein. In Anlehnung an Montesquieu solle für Bayern weiterhin gelten: Ein Gesetz, eine Verordnung, eine Verwaltungsvorschrift, ein ministerielles Rundschreiben etc., das bzw. die man nicht machen muss, darf man auch nicht machen.

Gesetz zur Erleichterung des Ehrenamts:
Ehrenamtliche leisteten einen unverzichtbaren Beitrag für das Gemeinwohl. Das Ehrenamt hat in Bayern eine lange Tradition. Bürokratische Hürden führten aber zu einer sinkenden Bereitschaft, sich im Interesse der Gesellschaft einzubringen. Bei sämtlichem Verwaltungshandeln, von der Beratung über die Sachverhaltsermittlung bis zur Verbescheidung, soll künftig der Aufwand für das Ehrenamt so gering gehalten und die Bedeutung des Ehrenamts, vor allem bei der Nutzung behördlicher Beurteilungs- und Ermessenspielräume, konsequent mitberücksichtigt werden.

Bei ehrenamtlich durchgeführten, regelmäßig wiederkehrenden gleichartigen Veranstaltungen reicht künftig eine einmalige Anzeige, sobald solche Veranstaltungen wiederholt beanstandungsfrei durchgeführt wurden. Sie müssen künftig nicht erneut genehmigt werden, sondern können nach Maßgabe der bisherigen Genehmigung abgehalten werden. Straßenverkehrsregelung bei Umzügen durch Ehrenamtliche: Verkehrsregelung bei Umzügen etc. erfolgt bisher nur durch Polizei, Feuerwehr oder THW. Künftig soll das auch durch Bedienstete gemeindlicher Sicherheitsbehörden und von den Kommunen als vertrauenswürdig eingestuften Ehrenamtlichen möglich sein. Dadurch werde die Eigenorganisation von Umzügen leichter, ohne auf die Kooperation von Polizei oder Feuerwehr angewiesen zu sein.

Kostenprivileg für das Ehrenamt: Kosten, die notwendig zur Durchführung ehrenamtlicher Veranstaltungen im Gemeinwohlinteresse anfallen, sollen ganz oder teilweise entweder schon nicht erhoben bzw. später erlassen oder erstattet werden können. Dazu erfolgt die Änderung des Kosten- und des Feuerwehrgesetzes.

Gesetzesinitiative zu Haftungserleichterungen für ehrenamtliche Vereinsvorstände und -mitglieder: Als weitere Maßnahme, Deregulierung und Entbürokratisierung in Bayern voranzutreiben und zugleich das Ehrenamt zu fördern, sei es das Ziel für ehrenamtliche Vereinsvorstände und -mitglieder Haftungserleichterungen zu schaffen. Die stets drohende zivilrechtliche Haftung von Ehrenamtlichen schrecke viele davon ab, ein Ehrenamt auszuüben. Die Haftung von Ehrenamtlichen sei zwar bereits nach den § 31a und § 31b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) beschränkt. Diese Beschränkung gelte aber nur in Fällen, in denen die Vergütung für die Tätigkeit der Ehrenamtlichen 840 Euro jährlich nicht übersteige. Gerade Vorstandsämter erforderten jedoch regelmäßig einen höheren Aufwand, so dass diese Grenze oftmals schnell überschritten werde, und die Haftungserleichterungen nicht mehr zum Tragen kommen. Es ist beabsichtigt, den benannten Haftungsfreistellungsbetrag auf Tätigkeiten zu erweitern, die mit bis zu 3.000 Euro jährlich vergütet werden können. Da es sich bei § 31a und § 31b BGB um Bundesrecht handelt, könne dieses Vorhaben nur über eine Bundesratsinitiative verfolgt werden.

Öffentliches Dienstrecht:
Beamte benötigen künftig in aller Regel keine Nebentätigkeitsgenehmigungen mehr. Nebentätigkeiten bis zu zehn Stunden wöchentlich und 10.000 Euro jährlich können künftig genehmigungsfrei ausgeübt werden. Der Turnus der regelmäßigen Beurteilungen wird von bisher drei Jahren auf künftig allgemein vier Jahre verlängert. Bei der Einstellung von Beamten kann künftig auf die amtsärztliche Einstellungsuntersuchung verzichtet werden. Stattdessen könne gleichberechtigt die gesundheitliche Eignung der Beamten perspektivisch durch standardisierten Fragebogen abgeklärt werden.

Im Beihilferecht wird ebenfalls auf einige bisher vorgeschriebene amtsärztliche Untersuchungen verzichtet, so beispielsweise bei psychotherapeutischen Standardmaßnahmen oder bei stationären Rehabilitationseinrichtungen – hier werde statt Facharzt plus Amtsarzt künftig auf den Facharzt vertraut. Die Ämter auf Probe für Leitungsämter werden abgeschafft. Gleiches gilt weitgehend auch für die Ämter auf Zeit. Diejenigen, die sich aktuell in Ämtern auf Probe oder Zeit befinden, werden in Ämter auf Lebenszeit übergeleitet. Zusammen erspare dies über die Jahre Tausende aufwändige Ernennungsverfahren. Deutlich angehoben werden sollen auch die nicht auf die Pension anzurechnenden Hinzuverdienstgrenzen von Pensionisten für Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, die nicht wegen Dienstunfähigkeit oder Schwerbehinderung in den Ruhestand traten. Die sogenannte arbeitsmarktpolitische Beurlaubung für Beamte wird abgeschafft. Sie greift, wenn „ein außergewöhnlicher Bewerbungsüberhang besteht“ (Art. 90 BayBG).

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