Rote Karte für die Erbschaftssteuer 2023

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Rote Karte
für die
Erbschaftssteuer

Januar 2023

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Rechtsanwalt Dr. Michael Waxenberger bei seinen Erläuterungen zum Thema „Erbschafts- und Schenkungssteuer“

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Region Miesbach – Kürzlich lud die Freie Wähler (FW) Landtagsfraktion im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe „Fraktion vor Ort“, zum Thema „Rote Karte für die Erbschaftssteuer“, zu einem Diskussionsabend ein. Bereits im Jahr 2018 war die Erbschaftssteuer brisanter Diskussionsgrund bei den Freien Wählern, geriet jedoch im Laufe der Zeit leider in Vergessenheit. Die Veranstaltungsbesucher folgten interessiert den Ausführungen der Referenten Dr. Birgit Eibl und Dr. Michael Waxenberger.

„Da am 01. Januar 2023 ein neues Bewertungsverfahren eingeführt wurde, sind die Belange rund um die „Erbschafts- und Schenkungssteuer“ aufs heftigste angewachsen. Deshalb muss man sich beeilen, denn was 2018 dramatisch war, ist jetzt noch dramatischer“, betonte Gisela Hölscher, 1. stv. Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Kreisverband Miesbach, bei der Begrüßung. Gastgeber Florian Streibl, Mitglied des Landtags und Franktionsvorsitzender der Freien Wähler, gab zu, dass die Sachlage rechtlich gesehen problematisch sei, da die Erbschafts- und Schenkungssteuer der Bundesgesetzgebung unterliegen. Doch hätten die Freien Wähler erste Anträge eingereicht und nun wäre die Zeit reif, diese weiterzuentwickeln. Daher werde nun mit dem Regierungspartner CSU versucht, mit einer Verfassungsklage gegen diese „Neidsteuer“ vorzugehen.

Zum besseren Verständnis der Thematik spannte Streibl in seiner Rede einen Bogen zu den Anfängen der Erbschaftssteuer. Doch sei heutzutage die Erbschaftsteuer viel zu hoch bemessen und somit sei auch dem ungehinderten Auskauf von Privateigentum, ob Land oder Immobilie, an Großinvestoren und Immobilienfonds quasi Tür und Tor geöffnet. Als Beispiel nannte er die kleinen Fischerhäuschen auf der Fraueninsel im Chiemsee, deren Wert derzeit auf bis zu sieben Millionen Euro gestiegen seien. Die Erben könnten niemals die Erbschaftsteuer aufbringen und diese müssten schließlich ihr Hab und Gut verkaufen. Kaufinteressenten seien meist ausländische Investoren.

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„Der Ausverkauf der Heimat hat bereits begonnen“, betonte Florian Streibl

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Viele Länder – wie unter anderem Schweden, Portugal, Norwegen, Malta oder Litauen – hätten die Erbschaftssteuer bereits abgeschafft, da die Grundstücke und Häuser im Laufe der Zeit eh schon oft genug versteuert wurden. Desweiteren sei zu bedenken, wenn Eigenheime – besonders auf dem Land – in fremde Hände übergingen, schwäche dies auch die Infrastruktur der Kommunen, soll heißen, mit dem Verkauf des Familienheims werden oft auch Unternehmen aufgegeben, Familien ziehen weg, die Jungend fehlt, den Blaulichtorganisationen sowie den Vereinen breche der engagierte Nachwuchs weg und die fehlende Identifikation mit der Heimat werde sich ebenfalls im Umwelt-, Tier- und Artenschutz negativ bemerkbar machen. „Ferner kommt die Erbschaftsteuer nicht den Kommunen zugute sondern fließt direkt in den Länderfinanzausgleich und versickert in Berlin. Anscheinend sind diese Aspekte noch nicht bis zum Gesetzgeber oder dem Bunderverfassungsgericht vorgedrungen“, vermutet Streibl.

Bei ihren Ausführungen ging Rechtsanwältin Dr. Birgit Eibl unter anderem auf die komplizierten Berechnungsgrundlagen der Erbschaftssteuer, angefangen bei den Steuerklassen nebst Steuersätzen ein und nannte die derzeit gültigen Freibeträge, ferner erklärte sie das neue Bewertungsverfahren von Grundbesitz und Immobilien. Die aufgezeigten Ungerechtigkeiten bei der Bewertung trieb so manchem Besucher die Röte ins Gesicht. Denn sogenannte „Sonderregeln“ sähen vor, dass ein Mietshaus mit beispielsweise 300 Mieteinheiten erbschaftssteuerfrei bleibt und ein Einfamilienhaus, welches innerhalb der engsten Familie weitergegeben werde, von komplizierten Auflagen und imensen Steuern geradezu überhäuft werde.

Unverständnis herrschte auch bei den Erläuterungen fürs „Familienheim“: „Warum bleibt Kind eins beim Erben eines Familienheims erbschaftssteuerfrei, während weitere Kinder als Erben steuerpflichtig sind?“ – war eine Fragestellung. Enkel etwa würden derzeit in der gesetzlichen Erbfolge garnicht berücksichtigt. So gebe es viele Beispiele für unverständliche Gesetztesvorgaben bezüglich der Erbschaftssteuer. Eibl vertrat die Ansicht, dass die Erbschaftssteuer als „Kompromissgesetz ohne Logik angesehen und als typische „Neidsteuer“ komplett abgeschafft werden sollte“.

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Beim Diskussionsabend „Rote Karte für die Erbschaftssteuer“ (v.l.):
Dr. Birgit Eibl, Rechtsanwältin und Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Kreisverband Miesbach;
Florian Streibl, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Bayerischen Landtag,
Gisela Hölscher, 1.stv. Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Kreisverband Miesbach
und Rechtsanwalt Dr. Michael Waxenberger

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Das entsprechende Bundesgesetz auf Länderebene absenken war ein Vorschlag von Rechtsanwalt Dr. Michael Waxenberger. Denn hier werde etwas verglichen, was nicht zu vergleichen sei. Somit würden mit den neuen Bewertungsrichtlinien, nicht mehr wie bisher – nach Bodenrichtwert und Immobilienwert – sondern nach dem Verkehrswert berechnet. Dies führe zu Verteuerungen der Grundstücke und somit könne sich die Erbschaftssteuer um bis zu 30 Prozent erhöhen, was die Erhöhung der Freibeträge niemals kompensieren könnten. Jedoch hätten die Regierungsparteien eine Änderung der Bewertungsgrundlagen „angedacht“, wobei jedoch nicht klar sei, ob ein anderes Steuer- oder Stundungsmodell bevorzugt werde. Auf jeden Fall, kritisierte Waxenberger, gebe es gesetzgeberische Lücken, die massive Auswirkungen auf die Erbschaftssteuer hätten. Besser wäre, wenn jedes Bundesland selber darüber bestimmen könne, nur dann wäre eine Steueroptimierung für den Bürger möglich.

Bei der anschließenden Fragerunde wurde deutlich, wieviel Unsicherheit, Unzufriedenheit und Klärungsbedarf es bezüglich der Erbschaftssteuer gibt. Auch bezüglich der „Bodenrichtwerte“ wurde diskutiert. Dieser Wert werde in vielen Landkreisen und Gemeinden -kostenfrei zugänglich- ins Internet gestellt, während im Landkreis Miesbach die Abfrage kostenpflichtig erfolge. Hier werde „kommunales Selbstverwaltungsrecht“ zum Nachteil der Bürger ausgenutzt, war die einhellige Meinung.

-am- Bilder: am

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